Das Erlebniss & die Faszination Norkapp
Mit diesem Geleitsatz, das Ziel fokussiert vor dem geistigen Auge, ging es dann auch endlich los, den bisher aufregensten Teil meiner Reise zu starten. Die Tage in Alta waren sehr erholsam und in bester Gemeinschafft machte das Ausruhen und Vorbereiten auf den weiteren Weg, auch eine Menge Spaß. Das lag nicht nur, an den zahlreichen interressanten Begegnungen, die man auf einem Campingplatz in den nördlichen Ebenen macht, sondern auch an der familiären Stimmung die sich breit machte, da ich ja meine Zeit mit meinem ehemaligen Arbeitskollegen Günther und seiner Frau Evi teilte.
Und da ich mich ja nunmal mittlerweile in dem Rythmus bewege, die Nächte durchzufahren und tagsüber zu schlafen, hab ich mich darauf kurzer Hand entschieden, in der Halbzeitpause loszudüsen, als Schweden 1:0 gegen Deutschland geführt hatte. 😀
Zu meiner Verwunderung war das Wetter auf den ersten 100 Km sehr stabil, als ich über die Hochebene zwischen Alta und Olderfjord musste. Und wenn dann doch mal der Wind aufkam, brachte er mir einen extra Schwung Fahrspaß mit, da er mich aus Süd-Westlicher Richtung kommend unterstützte. Ein Wahnsinns Gefühl machte sich breit, mit einem Affenzahn durch das Menschenleere Fjell zu rasen. Und wenn sich doch mal einige Häuser auf dem Weg befanden, stellte ich mir vor, wie wohl das Leben hier oben so ablaufen könnte.
Angekommen in Olderfjord, befand ich mich in guter Verfassung und beschloss meinen Weg an der Küste Richtung Norden fortzusetzen, um die günstigen Bedingungen weiter auszunutzen. Kurz vor dem ersten Tunnel baute ich dann um 6 Uhr morgens mein Zelt auf, um nicht all meine Energie gleich am ersten Tag zu verpulvern. Was mich dann aber, nicht einmal 6 Stunden später aus dem Schlaf holte, konnte ich erst nicht glauben. Mein Zelt war am donnern, sich von links nach rechts am bewegen und der Wind pfeifte nur so übers Land. Frühstücken?! Kaffee?! Klo?! Keine Chance!!! Also irgendwie alles ganz schnell zusammenpacken und weiter Richtung Repvag, um dort vielleicht etwas zubereiten zu können.
Glücklicherweise befanden sich auch Günther und Evi auf dem Weg zum Kapp und hielten in Repvag, damit wir in gemütlicher Wohnmobil Atmossphäre etwas Essen und Trinken konnten. Honningsvarg, lautete dann mein Ziel und der stetige Kampf, gegen den immer wechselnden Wind begann. Trotz das ich vollkonzentriert auf dem Rad unterwegs sein musste, schweifte mein Blick immer wieder in die wunderschöne Landschafft, die sich aus minimal besiedelten Küstenstreifen, mit kristall klaren Wasser und eindrucksvollen Schieferberghängen zusammensetzte.
Und plötzlich stand ich dann vor Ihm… Dem Nordkapp Tunnel..! Dem unterirrdischen Weg, der mich einmal in einer Länge von fast 7 Km, unter dem Meer herführen sollte. Und das bei einer Steigung von 9-10%. 10 Minuten hat es bestimmt gedauert, mich mit diesem Moment auseinanderzusetzen, um mir dieses Ereigniss vollendst bewusst zu machen. Ich weiß ja nicht wie es Euch geht, aber bis vor einem Monat, wusste ich nicht einmal von einem Tunnel wie diesem!!! 😀
Es ging mit einer morz Geschwindigkeit bergab.. wie schnell?! Ich weiß es nicht, da das GPS meines Rad-Pc’s aussetzte und nur noch die Uhrzeit mit lief. Ich wusste nicht ob ich schreien, lachen oder vor Freude Kurven fahren sollte, so enorm ist diese Abfahrt, so enorm ist dieses Gefühl ohne jegliche Orientierung einfach hart bergab zu knallen! Ich tat einfach alles und wischte mir nach einer 3 Minütigen Abfahrt die Tränen aus dem Gesicht, die sich durch die Geschwindigkeit und doch sehr kühlen Temperaturen, über mein ganzes Gesicht verbreitet hatten. Ja und wer nun mal bergab fährt, muss das ganze Stück auch wieder rauf. Also Klamotten wieder richten, Hintern aus dem Sattel und auf geht’s im Wiegetritt die ganze Strecke, zur anderen Seite wieder rauf. Plötzlich machte sich ein Druck in meinem Ohr bemerkbar und ein höllen Lärm machte sich im ganzen Tunnel breit. Ich drehte mich um, schaute von wo das Geräusch wohl kommen würde, da von Vorne keine Spur von einem Fahrzeug zu sehen war. Nichts da..! Außer Lärm..! Und was für einer 😀 Nach einer kurzen Zeit passierten dann einige Autos meinen Weg und ich erschrack vor diesen schmerzenden Klängen..!
Booooaaah!! Was für ein Ritt!! 😀
Doch wirklich leichter sollte es nicht werden, da der Wind nun außerhalb des Tunnels, sich wieder völlig entfaltete und mich sogar einmal von der Straße schmiss. Als Honningsvag zum Abend erreicht war, baute ich mein Zelt, windgeschützt hinter einem großen Felsvorsprung auf, um die letzte Etappe am morgigen Tag anzugehen.
Windstill war es und mit einer ungewohnten Hitze im Zelt, wachte ich am Montag Vormittag auf und erfreute mich an diesem unwahrscheinlich gutem Wetter! 🙂 ‚Die Planung von Alta heraus, hat bestens Funktioniert‘, so dachte ich und machte mich schnurrstraks auf den Weg zum Supermarkt, um meine Vorräte aufzufüllen, damit ich von da aus bestens Gerüstet, den finalen Weg zum Kapp in Angriff nehmen konnte. Was für ein Gefühl! Was für ein Segen, genau dieses offene Fenster erwischt zu haben ans Nordkapp zu gelangen. Denn das ist hier oben überhaupt nicht selbstverständlich, wurde sogar an einem Tag nach meiner Reise die Straße dort gesperrt, da es vermehrt Motorradunfälle gab, die auf zu starken Wind zurückzuführen waren.
Bei bestem Sonnenschein stand ich also kurz davor, einen weiteren meiner Träume zu erfüllen und kletterte vollmotiviert, die zu bezwingenden Rampen, mit einer 10%gen Steigung hinauf, die mich an eine damalige Hochalpinfahrt auf den Großglockner erinnerte. Nach all den Anstrengungen, der letzten und des heutigen Tages machte, sich dann auch irgendwann die Nordkappbasis am Horizont breit. Jetzt war es nicht mehr weit… und in mir begann sich ein Gefühl der Leichtigkeit breit zu machen, welches sich fast auch als Freudentränen in meinem Gesicht zeigten, als ich nun endlich vor dem großen Ziel stand.
Es folgte ein interressanter Austausch mit vielen Menschen dort oben, die auf mich und auf Chamäleon durch Europa aufmerksam wurden, als Günther und Evi auch schon bei mir eintrafen. 🙂 Wir feierten uns, für unser aller erreichtes Ziel und besiegelten das Erlebniss, mit einigen vielen Fotos und einer ordentlichen Mahlzeit, liebevoll von Evi zubereitet.
Doch die Zeit lief schnell ab und das Gut-Wetter-Fenster, begann sich schon wieder zum Abend zu schließen und so bereitete ich mich auf die Weiterfahrt, nach einem 4-5 Stündigen Aufenthalt vor. Unglaublich!! Nun war ich hier oben angekommen, genoss die Triumph über das Nordkapp und über mich selbst und schon musste ich wieder weiter, in sichereres Gebiet vorstoßen.
‚Nordkapp ist wie Bergsteigen, nur flacher!‘
In Honningsvorg angekommen, drehte sich das Wetter plötzlich und die geschlossenen Wolkendecke begann, sich wohlgesättigt abzuregnen. Schon ziemlich durch die Reise gezeichnet, führte mich mein Weg wieder zum Nordkapp Tunnel. Klitschnass wie ich war, setzte ich mich ersteinmal in eine Schützhütte, um mich weiter zu stärken und bereitete mir etwas zu essen zu. Die Taschen waren wieder gepackt, als ich zum zweiten Anlauf auf dem Weg Heim durch den Tunnel schoss und oben wieder angekommen, machte sich mir ein uuunglaubliches Bild breit. Gerade noch, hab ich gesessen im windstillen Regen und nun pfeifte wieder eine unglaubliche Peitsche durch die Luft, die sichtbar all die beschwerrlichen Wolken weg pustete. Die Mitternachtssonne machte sich auf diesem Wege, direkt vor meinem Auge breit und ein weiteres emotionales Schwebegefühl, was ich jeherr nie mit einer Erfahrung wie dieser in Verbindung bringen konnte, überrannte mich wohl wort wörtlich. Denn das alleinige ‚Stehen bleiben‘ an diesem Ort war schon zur großen Aufgabe geworden und war es auch die Macht der Naturgewalten, die mich so Ehrfurchtig haben fühlen lassen.
Was für ein Geschenk, das Erlebniss Nordkapp so erleben zu dürfen!!!
Doch nach den höchsten, gerade erlebten Gefühlsebenen, fing die Arbeit auf dem Rad wieder an und das Pedalieren gegen den Wind wurde zunehmenst intensiver. Doch der Campingplatz in Repvag war in erreichbarer Nähe…
Die rettenden 4 Wände…
Der Ort zum Einkehren und Ruhe finden…
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